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Verteilte Gleichstromversorgung in den Fabriken?

Ein verteiltes Gleichstromversorgungsnetzwerk innerhalb einer Fabrik ist ein Zukunftsthema. Warum? Steigende Energiekosten und Bestrebungen zur nachhaltigen Energienutzung erhöhen die Attraktivität für Unternehmen, ihre Energieflüsse zu optimieren.

Zudem nehmen die Bereitstellung und Einbindung erneuerbarer Energien eine immer bedeutsamere Rolle ein. Bei der Nutzung einer Photovoltaik-Anlage entsteht Gleichstrom, welcher direkt in eine Gleichstrominfrastruktur eingebunden werden kann. Durch eine Gleichstrominfrastruktur können wiederum Energieflüsse optimiert werden. Mit dem ZIM-Netzwerk modelliert die Zukunftsfabrik des Fraunhofer IWU ein Netzwerk für Gleichstrominfrastrukturen für die Fabriken von morgen.

Motivation: Warum sollte eine Gleichstromversorgung in Fabriken umgesetzt werden?

Innerhalb von Fabriken und deren produktionstechnischen Anlagen existieren verschiedene Energieflüsse. Die Verteilung erfolgt in unterschiedlichen Verteilebenen auf Basis der 400V-Wechselstrominfrastruktur. Durch steigende Energie-, Blindleistungs- und Spitzenlastkosten erscheint die Option Energieflüsse innerhalb eines Unternehmens zu optimieren zunehmend attraktiver. 

Die derzeitige Situation: Die vielen Wandlungsprozesse von Gleichstrom erneuerbarer Energien in Wechselstrom sind verlustbehaftet 

Bereits heute setzen deshalb viele produzierende Unternehmen auf die Nutzung dezentral erzeugter erneuerbarer Energien, wie zum Beispiel Photovoltaikanlagen (PV-Anlagen). Diese Anlagen wandeln einen Teil des Sonnenlichtes mittels Solarzellen in elektrische Energie um. Die damit verbundenen diskontinuierlichen Energieflüsse erfordern einen gesteigerten Einsatz von Energiespeichern. Mit Hilfe der Speicher kann die Kapazität an erneuerbaren Energien weiter ausgebaut werden. Dadurch wird eine kontinuierliche Versorgung der Betriebsmittel mit erneuerbarer Energie ermöglicht. 

Die Energieerzeugung via PV-Anlagen und die Energiespeicherung basiert auf Gleichstrom. Um die Energie innerhalb der Fabrik und den produktionstechnischen Anlagen zu verwenden, muss aktuell diese erneuerbare Energie in Wechselstrom umgewandelt werden, bevor sie in das vorhandene Energienetz integriert werden kann. Jede dieser Umwandlungen ist dabei verlustbehaftet. 

70% der industriellen Verbraucher sind elektrische Antriebe [1]. Hierbei dominieren drehzahlgeregelte Antriebe, in welchen der 50Hz-Wechselstrom in Gleichstrom und anschließend wieder in Wechselstrom variabler Frequenz umgewandelt wird. Zu den Wandlungsverlusten kommt hinzu, dass Bremsenergie bei älteren Antrieben über einen Widerstand (Brems-Chopper) in Wärme umgewandelt wird und damit verloren geht. 

In allen drei Bereichen der Energieerzeuger, -speicher und -verbraucher sind hohe Hardwarekosten und Wandlungsverluste die Folge der Wechselstrominfrastruktur. Die Umstellung der Versorgungsinfrastruktur auf Gleichstrom könnte viele der bestehenden Nachteile minimieren. 

Lösungsansatz: Rückspeisefähige Wechselrichter können eine effiziente Energieversorgung innerhalb der Fabrik ermöglichen  

Die Verwendung eines durchgängigen DC (engl. direct current = Gleichstrom) -Netzwerkes für die gesamte Fabrik bietet mehrere Vorteile: Kleinere, leichtere und kostengünstigere Wechselrichter, die Reduzierung der Anschlussleistung, eine einfachere Einbindung erneuerbare Energiequellen und eine gesteigerte Energieeffizienz [2]

Wechselrichter wandeln Gleichspannung in Wechselspannung um. Werden rückspeisefähige Wechselrichter verwendet, können Fertigungszellen und Maschinen diese Energie zurück in das DC-Netz einspeisen. Damit kann diese Energie für die Stromversorgung anderer Maschinen verwendet werden. Durch geeignete Verschaltung von Maschinen zu Zellen und deren adäquate Ansteuerung und Abstimmung kann die rückgespeiste Energie effizient weiterverwendet werden. Ziel ist hierbei eine 80%-ige energetische Autarkie einer solchen Zelle. Die einzelnen Zellen können dann geeignet an das DC-Netz angebunden werden, wodurch die Fabrik aus energiearchitektonischer Sicht eine in sich gegliederte (fraktale) Struktur erhält. 

Methodisches Vorgehen: Wie kann ein fraktales Gleichstrom-Netzwerk in Fabriken umgesetzt werden? 

Um ein derartiges DC-Netzwerk zu ermöglichen, ist ein branchenübergreifendes Zusammenarbeiten der Projektpartner notwendig. Einerseits in Bezug auf die Technologiebereitstellung (von der Leistungselektronik-Hardware, Steuerungstechnik, Simulation und Planung bis hin zur Anlagentechnik) und andererseits in Bezug auf die Anwendung.  

Anhand der Etablierung eines Netzwerkes mit gefördertem Netzwerkmanager könnten sich Partner austauschen und vernetzen, um gemeinsam an den erforderlichen Lösungen zu arbeiten. Die Möglichkeiten reichen hierbei über die Kombination bestehender Technologien und Produkte bis hin zur Identifikation und Forcierung von (ZIM)-Forschungsprojekten aus dem Netzwerk heraus.  

Startprojekt eines DC-Netzes in der Forschungsfabrik des Fraunhofer IWU – Aufbau einer Demonstratorzelle mit zwei Industrierobotern, versorgt mit Hilfe eines DC-Netzwerkes und entsprechenden Energiespeichern 

Die Zukunftsfabrik des Fraunhofer IWU in Chemnitz bietet hierfür den Unternehmen ein DC-Netz als Testbedingung an, welches gerade in der unternehmenseigenen Forschungsfabrik aufgebaut wird. Im Rahmen eines Startprojektes soll eine Demonstratorzelle mit zwei Industrierobotern aufgebaut werden, welche mit Hilfe eines DC-Netzwerkes und dazugehörigen Energiespeichern versorgt werden. Diese Demonstration soll die Vorteile eines DC-Netzes verdeutlichen. 

Abb. 1: Beschreibung der geplanten Etablierung eines DC-Netzwerkes in einer Fabrik

Titelbild: Abbildung des ZIM-Netzwerks von Menia-Beier Möbius
Abbildung 1: erstellt von Menia-Beier Möbius

Literatur: 

[1] Klaus Allgaier, „Grundlagen für elektrische Antriebssysteme: Einsatzgebiete und Potenziale, Anwendungsbei-spiele“, 19. Apr. 2018. 

[2] Prof. Dr. Holger Borcherding, Erik Fosselmann, Dr. Timm Kuhlmann, Dr. Hartwig Stammberger, Gleichstrom für die nachhaltige Fabrik. Frankfurt am Main, 2020.

Menia Beier-Möbius

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