Fabrikplanung inmitten des VUCA-Umfeldes
Wachsende Kundennachfrage, technologischer Fortschritt oder lukrative staatliche Förderprogramme – die Entscheidung zur Planung neuer Fabriken kann unterschiedliche Gegebenheiten zum Anlass haben. Jedoch steht sie oftmals in direkter Verbindung zu unternehmensexternen Einflüssen. Während diese Rahmenbedingungen im Optimalfall mit hoher Sicherheit in die Planung aufgenommen werden, finden sich heutige Fabrikplanungsprojekte vermehrt unter den Prämissen der sog. „VUCA“-Umwelt wieder.
Das Akronym VUCA steht für Volatilität (V), Unsicherheit (U), Komplexität (C) und Mehrdeutigkeit (A). Es weist auf die wachsende Herausforderung hin, zukünftige Entwicklungen verlässlich und mit einer hinreichenden Eintrittswahrscheinlichkeit voraussagen zu können. Die Tragweite dieser Entwicklung wird dadurch bekräftigt, dass Fabriken in der Unternehmensplanung einen weitreichenden, kapitalintensiven und langfristigen Investitionscharakter aufweisen. Daher hat sich der wissenschaftliche Diskurs bereits seit längerer Zeit dahingehend vertieft, klassische Planungsmethoden um Aspekte wie Wandlungsfähigkeit, Flexibilität oder Agilität zu erweitern. Entsprechend besteht ein Teil des Handlungsbedarfs in der näheren Betrachtung von Umweltdaten. Das wird benötigt, um eine differenzierte Einbeziehung nach der einschätzbaren Prognosesicherheit herzustellen. Der folgende Beitrag stellt diesbezüglich einen Ansatz des Fraunhofer IWU vor. Dieser wurde entwickelt, um das Gelingen künftiger Fabrikplanungsprojekte zielgerecht zu unterstützen.
Simulation von Umwelteinflüssen mit Hilfe von System Dynamics
Zur näheren Bestimmung der Fabrikumwelt empfiehlt sich zunächst eine Unterscheidung verschiedener Quellen (z.B. Markt-, Technologie- und öffentliches Umfeld). Innerhalb dieser Bereiche wirken typische Kenngrößen, wie etwa die Zahlungsbereitschaft des Kunden, die Erschließung neuer Fertigungsverfahren oder die gesellschaftliche Akzeptanz des Produktes. Um die damit verbundene Vielseitigkeit in einer ganzheitlichen Simulation zu vereinen, bietet sich eine Überführung in ein System Dynamics Modell an. Historisch in der Regelungstechnik verankert, wurde dieser Ansatz bereits in vielen Disziplinen erfolgreich erprobt, um das Verhalten von Systemen in unterschiedlichen Ausgangssituationen nachzubilden.
In einem ersten Schritt werden die potentiellen Veränderungen der Umweltbereiche gesammelt und in repräsentative Größen übersetzt. Die Informationsgrundlage bieten dabei verfügbare Studien oder Vergleichsdaten ähnlicher Projekte. Zum Zweiten werden die Größen näher auf deren Eintrittswahrscheinlichkeit sowie die Auswirkung auf das jeweilige Fabrikprojekt untersucht. Die dabei zu treffenden Einschätzungen sind methodisch untersetzt, so dass ein objektives und konsistentes Vorgehen begünstigt wird. In einem dritten Schritt, dem Simulationsdurchlauf, wird anschließend das dynamische Zusammenspiel aller wirkenden Größen auf Schlüsselparameter der Fabrik (z.B. die Fertigungszeit) nachgebildet. Die Ergebnisse geben Aufschluss darüber, welche Chancen und Risiken mit einzelnen Umwelteinflüssen verbunden sind und ob diese im Extremfall die Existenz der gesamten Fabrik in Frage stellen.
Das Modell wurde im Rahmen des Projektes AgilPlanBZ zur Projektierung einer Brennstoffzellen-Stack-Fabrik entworfen. Mittels der Simulation konnten in diesem Anwendungsfall drei kritische Umweltentwicklungen aufgedeckt und in deren Einfluss auf die Kapazität und Wirtschaftlichkeit der Fabrik bewertet werden.
Bei näherem Interesse am Modell oder allgemeinen Fragen zur Fabrikplanung melden Sie sich gerne. Wir stehen Ihnen jederzeit als Ansprechpartner bereit.
Titelbild: Das Titelbild wurde im Februar 2021 auf Basis eines Mock-Ups von graphberry.com erstellt.
Abbildung 1: erstellt von Lukas Roth
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