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Wirtschaftlichkeit von Wasserstoff – mit dem Dreisatz zum Ziel? 

Grüner Wasserstoff gilt als wichtiges Element für die Dekarbonisierung der deutschen Industrie. Neben den technischen Herausforderungen gibt es jedoch auch Unsicherheiten bezüglich der wirtschaftlichen Perspektiven in Bezug auf die Beschaffung und zukünftige Preisentwicklung von Wasserstoff. Insbesondere in Deutschland unterscheiden sich die Szenarien für die Produktion und Versorgung stark in ihren Annahmen und Preisspannen. Hier kann die Szenariotechnik helfen, die Auswirkungen verschiedener Preisentwicklungen und Infrastrukturlösungen zu untersuchen und durch Experimente unterschiedliche Zukunftsszenarien zu vergleichen.

Preisszenarien für die industrielle Wasserstoffversorgung 

Die Szenarien für die zukünftige Versorgung von Industriebetrieben mit Wasserstoff werden aktuell an vielen Stellen in Politik, Medien und Wissenschaft diskutiert. Besonders die Bedarfsdeckung über inländische und ausländische Beschaffungswege ist zum aktuellen Zeitpunkt noch unklar. Parallel beschäftigen sich verschiedene Studien mit der Kalkulation von Preisen für eine zukünftige Wasserstoffversorgung (bspw. [1], [2]). Die Berechnungen für die jeweiligen Preisszenarien erfolgen typischerweise in unterschiedlichen Jahresscheiben und Belieferungsszenarien. 

Die wichtigsten Zeitpunkte, die betrachtet werden, sind heute, das Jahr 2030 und das Jahr 2050. Für den aktuellen Zeitpunkt geht man von einer überwiegend straßengebundenen Belieferung mit Wasserstoff aus. Im Jahr 2030 wird bereits ein teilweise ausgebautes Wasserstoffkernnetz in Betracht gezogen, während 2050 eine rein netzgebundene Versorgung erwartet wird. Durch Recherche und der einhergehenden Bewertung verschiedener Quellen für Wasserstoffkosten können folgende Annahmen für diese Zeithorizonte getroffen werden: 

Prognosezeitraum Untergrenze [€/kg] Obergrenze [€/kg] Mittelwert [€/kg] 
Heute 6,69 8,29 7,49 
2030 4,20 5,88 5,03 
2050 3,81 4,99 4,40 
Abbildung 1. Übersicht der prognostizierten Wasserstoffkosten zum heutigen Zeitpunkt, für das Jahr 2030 und 2050 

Um die Kosten in €ct/kWh zu berechnen, muss zusätzlich der Heizwert von Wasserstoff bei der Rückverstromung berücksichtigt werden, der bei etwa 33,33 kWh/kg ohne Wärmerückgewinnung liegt. Diese Umrechnung ist wichtig, um den tatsächlichen Energiewert des Wasserstoffs zu erfassen und mit anderen Energieträgern zu vergleichen. 

Berechnungsmodell für die H2-Versorgung 

Es gibt verschiedene Ansätze, um Kosten für die Wasserstoffversorgung zu modellieren. Ein statisches Modell ist einfach umsetzbar, in dem der geplante Verbrauch, bspw. pro Jahr, und der zugrunde liegende Preis für Wasserstoff einfach multipliziert werden. Dies ist jedoch oft nicht ausreichend, da Preisfluktuationen oder Tankkapazitäten in der Realität eine große Rolle spielen können. In solchen Fällen sind dynamische Modelle erforderlich. 

Ein von uns verfolgter Ansatz bezieht die Analyse von Lastgängen und verschiedenen Konfigurationen der Wasserstoffinfrastruktur in einem dynamischen Modell ein. Dabei werden bspw. Tankgrößen, Wasserstoffpreise, Lieferintervalle und die angestrebte Substitutionsquote von herkömmlichem Strom berücksichtigt. Abbildung 1 zeigt als Zwischenergebnis einen Verlauf von Über- bzw. Unterdeckungen, also mengenmäßiger Überschuss und Mangel, von Wasserstoff für jede Kalenderwoche eines Jahres.   

Abbildung 2. Visualisierung des Verlaufs von Über.- bzw. Unterdeckungen von Wasserstoff für jede Kalenderwoche eines Jahres 

In beiden Berechnungsmodellen können Investitionskosten und Betriebskosten einbezogen werden. Insgesamt ergeben sich so für unser Berechnungsmodell 280 verschiedene Kombinationen an Parametern. Dies ermöglicht eine detaillierte Untersuchung der Auswirkungen unterschiedlicher Variablen auf die Versorgungssicherheit und Kostenstruktur bei der Nutzung von Wasserstoff.  

Vergleich von Szenarien 

Ein Vergleich der unterschiedlichen Versorgungsszenarien zeigt interessante Ergebnisse. In einem statischen Modell kann der Gesamtbedarf an Wasserstoff und der zugrunde liegende Preis relativ einfach kalkuliert werden. Bei Berücksichtigung der dynamischen Effekte und Einflussgrößen ergibt sich ein etwa 2 €ct/kWh niedrigerer Gesamtstrompreis im Vergleich zum statischen Szenario. Dies verdeutlicht, dass eine dynamische Betrachtung der zukünftigen Wasserstoffversorgung sinnvoll ist, da sie differenziertere Ergebnisse und eine bessere Bewertungsbasis liefern kann. 

Abschließend bleibt festzuhalten, dass grüner Wasserstoff als alternativer Energieträger bei den derzeitigen Preisindikationen im Vergleich zu herkömmlichem Strom aus ökonomischer Sicht noch nicht wettbewerbsfähig ist. Die Anforderungen an die Infrastruktur sowie die Betriebskosten der Systeme müssen noch weiter untersucht und die Versorgungssicherheit in Deutschland sichergestellt werden. Dennoch ist es besonders für energieintensive Branchen vorteilhaft, eine grundsätzliche Betrachtung der Wasserstoffnutzung vorzunehmen. Besonders dann, wenn auch die Eigenerzeugung von Energie in Betracht gezogen wird und alternative Speichermedien wie Wasserstoff als Ergänzung zu Batteriespeichern eingesetzt werden können. 

[1] International Energy Agency (IEA), 2019. The Future of Hydrogen, Paris. https://iea.blob.core.windows.net/assets/9e3a3493-b9a6-4b7d-b499-7ca48e357561/The_Future_of_Hydrogen.pdf.Letzter Zugriff: 03.08.2024 

[2] Prognos AG, 2020. Kosten und Transformationspfade für strombasierte Energieträger. https://www.bmwk.de/Redaktion/DE/Downloads/Studien/transformationspfade-fuer-strombasierte-energietraeger.pdf?__blob=publicationFile. Letzter Zugriff: 25.07.2024 

Titelbild: © Pixabay 

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